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Qaṭna/al-Mischrifa, Syrien (2006-2008)

Von 2006 bis 2008 war ich Mitglied des syrisch-deutschen Ausgrabungsprojekts im syrischen al-Mischrifa in der Nähe von Homs. Unter Leitung von Prof. Dr. Peter Pfälzner von der Eberhard Karls Universität grub dort ein internationales Team im Königspalast des antiken Qaṭna, das besonders in der Mittleren und Späten Bronzezeit (ca. 2000-1200 v. Chr.) florierte. Teile des Palastes waren bereits in den 1920er und 1930er Jahren durch den französischen Archäologen Robert Comte du Mesnil du Buisson ausgegraben worden, dessen Arbeiten aber viele Fragen offen ließen. Daher begann 1998 ein internationales Projekt zur gründlichen Erforschung dieses Palastes, an dem neben dem syrisch-deutschen Team auch ein syrisch-italienisches der Universität Udine, geleitet von Prof. Dr. Daniele Morandi Bonacossi beteiligt war. Während das italienische Team im Ostteil des Palastes und in den angrenzenden Arealen aktiv war, erforschte das deutsche Team den Westteil des Palastes und seine unmittelbare Umgebung. Wer schon von Qaṭna gehört hat, der wird sich sicherlich an die spektakulären Funde aus der Königsgruft des Palastes erinnern. Nun das war 2002, vor meiner Zeit, und als 2009 eine weitere Gruft unter dem westlichen Teil des Palastes entdeckt wurde, war ich schon nicht mehr dabei ...

Halle C des Königspalastes

Die große Halle des Palastes nach der Restaurierung

Westteil des Palastes

Westteil des Palastes mit der Halle im Zentrum, von Südosten gesehen

Dennoch waren die drei Ausgrabungskampagnen nicht nur äußerst lehrreich, sondern auch durchaus aufregend und spannend für mich, auch wenn sich das im Folgenden nicht unbedingt so spektakulär anhören mag. Das Herz des Königspalasts besteht aus einer großen quadratischen Halle, deren Dach einst von vier gewaltigen Säulen aus Zedernholz getragen worden sein muss, und zwei ebenfalls geräumigen Sälen, die sich hintereinander östlich an die Halle anschlossen. In dieser großen Halle und den südlich an sie anschließenden Räumen absolvierte ich 2006 meine Lehrzeit als Assistent von Eva Geith, der ich bis heute für ihre hervorragende Anleitung dankbar bin. Es galt hier zum einen die südliche Außenmauer des Palastes zu erfassen, was uns in jenem Jahr gelang. Zudem stellten wir fest, dass im Vorfeld der Mauer eine Art Straße verlief. Zum anderen galt es in den Bereichen der Halle, wo kein Fußboden mehr erhalten war, zwischen den Fundamenten des Palastes nach älteren Mauern zu graben, denn es war aus den vorherigen Jahren bereits bekannt, dass es ältere Mauern gab, die zu dem ursprünglichen Plan des Palastes gehörten, dann aber nicht weiter gebaut wurden, weil der Plan abgeändert worden war. An einigen Stellen gruben wir bis auf den gewachsenen Felsen hinab, der etwa fünf Meter unter dem späteren Fußbodenniveau des Palastes liegt, und konnten einige dieser älteren Mauern erfassen.

In den beiden folgenden Kampagnen erhielt ich einen eigenen Aufgabenbereich an der Nordfassade des Palasts, wo ich zusammen mit Benjamin Glissmann arbeitete. Der Palast wurde gegründet auf einem Kalksteinplateau, das nach Norden hin um etwa acht bis neun Meter steil abfällt zu einem wahrscheinlich weitgehend unbebauten Bereich des Stadtgebiets. Aufgrund dieser Lage waren die nördlichen Teile des Palastes durch Erosion schwer geschädigt worden. Zum Teil hatte das Wasser regelrechte Kanäle in die Mauern gespült, die dann mit losem Material wieder verfüllt worden waren. Dennoch stießen wir bei der Fortsetzung der Ausgrabungen nördlich des ebenfalls nur noch zu etwa zwei Dritteln erhaltenen Raumes Q auf eine Vielzahl an Konstruktionen aus Lehmziegeln, Steinfundamenten und Stampflehm, die uns zeigten, dass der Bereich der nördlichen Außenmauer während der Nutzung des Palastes mehrfach umgebaut und erweitert wurde. Hier boten und die Erosionsschäden nun auch Chancen: wo das Wasser die jüngeren Konstruktionen fortgespült hatte, erhielten wir Zugang zu den älteren, darunterliegenden Bauresten. Mittels gezielter Sondagen konnten wir unsere Kenntnisse über die Bauabfolge der einzelnen Bauwerke erweitern und schließlich - trotz einiger Unsicherheiten - eine Abfolge von zehn unterschiedlichen Bauphasen rekonstruieren, auch wenn wir nicht in allen Fällen genau sagen können, was mit den jeweiligen Baumaßnahmen bezweckt wurde.

Die Lehmziegelverkleidung des Felsabhangs

Die Lehmziegelverkleidung des Felsabhangs.
Links der mit Stampflehm geflickte
Einschnitt, rechts hinten der Übergang
zum Vorsprung des Felsens.

Eine zweite Aufgabe, die wir in der Kampagne 2008 verfolgten, war die Klärung der Gestaltung des Felsabhangs und des unmittelbar an seinem Fuße liegenden Areals. Etwas weiter westlich war bereits 2007 der Abhang des Plateaus auf einer Breite von einigen Metern vollständig bis auf den Felsen freigelegt worden, wobei sich Anzeichen ergeben hatten, dass er künstlich geglättet worden war. Bereits du Mesnil du Buisson hatte in diesem Bereich gegraben und einen Vorsprung des Felsens entdeckt, den er als Glacis bezeichnete. Es gelang uns nun, die östliche Kante dieses Felsvorsprungs zu erfassen, wo wir feststellten, dass sich hier eine an den Felsen angelehnte Lehmziegelmauer unmittelbar anschloss, die du Mesnil ebenfalls erfasst hatte. Wir legten diese Lehmziegelmauer in ihrer gesamten Höhe in einem breiten Sondageschnitt frei. Sie beeindruckt nicht nur durch ihre Höhe von mehr als acht Metern, sondern auch durch die Vielfarbigkeit der zu ihrem Bau verwendeten Lehmziegel. Wir vermuten, dass sie ursprünglich als eine Fortsetzung des künstlich in Form gebrachten Felsvorsprungs geplant und mit einem weißen Verputz versehen war, so dass der Palast einem Betrachter von Norden gewissermaßen als Bekrönung eines vollkommen gleichmäßigen Plateaus erschienen wäre. Um Bauarbeiten im Bereich der Königsgruft und des zu ihr führenden Korridors zu erleichtern, hatte man zu einem späteren Zeitpunkt eine Bresche in diese Verkleidungsmauer geschlagen, die dann mit Stampflehm repariert worden war.

Unsere Sondagen im Vorfeld des Kalksteinplateaus und der Verkleidungsmauer führten zur Entdeckung eines Grabens, der an einigen Stellen mit Steinen verfüllt worden war, sowie einer möglichen Begehungsfläche, die mit Scherben und Steinen gepflastert war. Die Unregelmäßigkeit des Grabens gestaltet indes eine Interpretation dieser Befunde eher schwierig.

Mehr über die Ausgrabungen in Qaṭna und den Königspalast erfahren sie auf der Homepage des Projekts (für die ich im Übrigen auch die Texte geschrieben habe).

Ein einsamer Baum zwischen Ruinen auf dem Wall Qatnas.